Da spricht nicht die Polizei!

Polizeipräsidentin Dr. Katharina Giere und OB Pit Clausen
Da spricht nicht die Polizei!
Polizeipräsidentin Dr. Katharina Giere präsentierte heute gemeinsam mit Herrn OB Pit Clausen, Thomas Niekamp vom SKPR und KHK Andreas Westerburg von KP/O eine neue Präventionskarte zum Thema "Falsche Polizisten" im Rahmen einer Pressekonferenz.
Sonja Rehmert
Polizeipräsidentin Dr. Katharina Giere:

"Mit der Ihnen heute präsentierten Karte möchten wir vor allem lebensälteren Menschen aus unserer Stadt eine Hilfe an die Hand geben.

Das perfide und organisierte Vorgehen der Anrufer, die sich am Telefon fälschlich als Polizeibeamte ausgeben, setzt die Betroffenen unter immensen Druck.
Die Täter rufen gezielt ältere Menschen an, geben sich als Polizeibeamte aus und präsentieren ein Szenario wie z.B. „Wir haben in Ihrer Nähe" - an der Stelle wird der Straßenname der Angerufenen erwähnt - „heute früh Räuber/Einbrecher festgenommen, die trugen eine Liste bei sich. Auf der Liste standen Ihr Name und Ihre Anschrift. Diese Täter planen, bei Ihnen einzubrechen und Sie auszurauben."

Die Täter sind in ihrer Gesprächsführung sehr geschickt und horchen die Angerufenen über persönliche Verhältnisse aus, während sie den Schein einer polizeilichen Befragung aufrechterhalten. Es wird gezielt nach Bargeld und Schmuck in der Wohnung gefragt sowie nach Bankkonten und dem Kontostand oder Schließfächern. Ebenso wird die Wohnsituation ausgekundschaftet. Dabei erzeugen die Täter Angst und zeitlichen Druck bei den Angerufenen, so dass den Betroffenen kaum eigener Entscheidungsspielraum bleibt. Täter nutzen gerade die Höflichkeit und Anständigkeit der Bürgerinnen und Bürger aus, um das Gespräch aufrecht zu erhalten. Und wo hartnäckige Zweifler doch nicht glauben wollen, wird skrupellos Druck ausgeübt und auf die Mitwirkungspflichten der Bürger hingewiesen bis hin zur Androhung von Strafen wegen Behinderung der Justiz. Dazu schließen die Täter gleichzeitig mögliche Unterstützer der Betroffenen aus, indem sie tiefes Misstrauen gegen Vertrauenspersonen erzeugen und z.B. Bankmitarbeiter der Komplizenschaft mit Tätergruppen bezichtigen.

Während des Gespräches werden falsche Rufnummernübertragungen erzeugt, so dass bei Betroffenen die „110" oder auch eine bekannte Amtsnummer der Polizei angezeigt werden. Die Betroffenen werden bei Zweifeln mit einem „Vorgesetzten" oder dem „Staatsanwalt" verbunden, die die „Echtheit" der falschen Polizisten bestätigen.

Bisweilen werden die Angerufenen aufgefordert, zur Bestätigung der Echtheit selbst die Polizei anzurufen. Dazu werden sie aufgefordert, nicht den Hörer aufzulegen und es wird ihnen ein Freizeichen eingespielt. Dabei ist die Verbindung nicht unterbrochen und das nun folgende Gespräch wird mit einem zur Tätergruppe gehörigen „Kollegen" geführt, der natürlich die Echtheit des Anrufes bestätigt.

Diese Vorgehensweise macht es den Betroffenen sehr schwer, dem eigenen Misstrauensgefühl Raum zu geben. Nachfragen werden von Täterseite zum Teil sehr harsch unterbunden. Die Betroffenen werden über ihre Vermögensverhältnisse ausgehorcht und dazu gebracht, Geld und Wertgegenstände an Abholer zu übergeben. Diese Gespräche und Taten werden teilweise über Stunden und mit Unterbrechungen über Tage aufrechterhalten, der Druck auf die Betroffenen ist immens.

Es sind Menschen schon dazu gebracht worden, Wertgegenstände und sogar Immobilien zu veräußern und den Erlös an die Täter zu übergeben oder an vorgegebenen Plätzen zu deponieren. Die Tätergruppen gehen präzise und arbeitsteilig vor.

Ein solches Betrugsdelikt verunsichert die Betroffenen nachhaltig. Finanzielle Schäden stellen bisweilen die materielle Existenz in Frage, aber auch die psychischen Folgen sind gravierend: Betroffene sind in einem Netz aus Scham und Schuldgefühlen gefangen - das macht es ihnen schwer, sich an Angehörige oder öffentliche Stellen zu wenden. Auch bleiben die Opfer solcher Straftaten oft tief verunsichert, zweifeln an sich selbst und ziehen sich teilweise gänzlich zurück.

Betroffene erleben sich selbst der Situation ausgeliefert, da ihnen in den temporeichen Gesprächen, die zum Teil in sehr anmaßendem Ton geführt werden, kaum Entscheidungsspielraum bleibt. Nach der Tat müssen sie zum Teil mit großen finanziellen Einschnitten zurechtkommen.

Die sich einstellenden Schamgefühle wirken mindestens genauso tief und langanhaltend. Täter suchen sich gezielt ältere Menschen als Opfer aus, bei denen nach der Tat Gedanken wie „Werde ich jetzt senil?" aufkommen, oder auch „Werde ich jetzt entmündigt?".

Äußerungen von Unbeteiligten wie „Wie kann man nur auf sowas reinfallen?" - „Wie kann man nur so dumm sein?" verstärken bei Betroffenen die Selbstzweifel, die sie nach einem solchen Delikt befallen. Dabei ist es überhaupt keine Frage des Intellekts, ob jemand Opfer einer solchen Straftat wird. Die emotionale Zwangslage, in die die Betroffenen gebracht werden, lässt kaum Raum für die Zweifel, die aufkommen könnten.

Die allgemein anerkannten Regeln der Höflichkeit, die bei vielen Menschen tief verankert sind, verhindern oft den einzigen effektiven Schutz während einer Tat: Das Gespräch zu beenden, indem man auflegt.

Bei solchen Delikten benötigen die Opfer dringend die Unterstützung aus ihrem Umfeld und von öffentlichen Stellen.
Diese Karte möchten wir möglichen Betroffenen, aber auch den Angehörigen oder im Umfeld beschäftigten Menschen zur Verfügung stellen, um Ihnen Präventionsmöglichkeiten und die Beratungsstelle der Polizei für weitere Informationen ans Herz zu legen.
Eine solche Karte können sich die Bürgerinnen und Bürger im Sichtbereich des Telefons platzieren, um im Falle eines Anrufes die wichtigsten Handlungsmöglichkeiten direkt vor Augen zu haben.

Ziel ist es, für die Taten zu sensibilisieren und die zentralen Verhaltensmöglichkeiten auch in der Tatsituation unter höherem Druck abrufen zu können: Die richtige Polizei spricht mit Ihnen am Telefon nie über Geld und Wertsachen. Beenden Sie das Gespräch direkt, indem Sie auflegen."

KHK Andreas Westerburg von KP/O stellte unter anderem dar, was Polizei und SKPR präventiv tun

Durch die Medien und über Vorträge werden mögliche Betroffene, aber auch deren Umfeld über die Mechanismen der Tat aufgeklärt. Das KK 34 - KP/O bietet Vorträge in Senioreneinrichtungen und Seniorenkreisen und anderen Treffpunkten an.

Im Rahmen der Kooperation der Polizei und der Stadt mit den Bielefelder Wohngesellschaften „Sicher wohnen in Bielefeld", die seit 2005 besteht, werden diese Vorträge auch bei den Mitgliederversammlungen der Wohngesellschaften angeboten und jetzt auch schriftliche Informationen in den Mitgliederzeitschriften veröffentlicht.

Das Kassenpersonal der Bielefelder Banken ist bereits beschult worden, um einerseits für die Wahrnehmung von möglichen Taten sensibilisiert zu werden und andererseits im Falle von Feststellungen zielführende Handlungsweisen parat zu haben, um Taten zu verhindern. Diese Beschulungen werden fortgesetzt.

In Zusammenarbeit mit den Bielefelder Apotheken sind Informationen des LKA für Bürgerinnen und Bürger zugänglich gemacht worden.

In dringenden Fällen: Polizeinotruf 110