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Gruppenbild von der Pressekonferenz zur Jahresbilanz Verkehr 2022 der Polizei Bielefeld
Jahresbilanz Verkehr 2022
Polizeipräsidentin Dr. Sandra Müller-Steinhauer und die Leiterin der Direktion Verkehr, Leitende Polizeidirektorin Margit Picker, stellten die Verkehrsunfallentwicklung 2022 für Stadt und BAB vor.
Sonja Rehmert

Statement der Polizeipräsidentin Dr. Sandra Müller-Steinhauer zur Pressekonferenz Jahresbilanz Verkehr 2022

"Eine Bilanz 2022 ist immer geprägt von dem Vergleich mit den Hochzeiten der Pandemie, die u. a. das Jahr davor – 2021 – ausmachten. So ist es auch für die Jahresbilanz Verkehr: Wir sehen an den Zahlen, dass wir wieder in der „Normalität von vor Corona" angekommen sind. Im Vergleich zu 2021 haben wir fast in allen Bereichen steigende Zahlen festzustellen, anders als im K-Bereich allerdings weitgehend, jedoch nicht ausnahmslos, ohne signifikante neue Höchststände im längerfristigen Vergleich. Eine erfreuliche Ausnahme zu dieser wieder ansteigenden Entwicklung haben wir und dies als relativ gute Botschaft vorweg: Sowohl im Bielefelder Stadtgebiet als auch auf den ostwestfälischen Autobahnabschnitten kamen im Jahr 2022 weniger Menschen zu Tode als im Vorjahr. Auf den Autobahnen ist insgesamt die Anzahl der Verkehrsunfälle auf einem niedrigeren Stand als 2021. Dies ist maßgeblich bedingt durch einen Rückgang der reinen Sachschadensunfälle.

Im Übrigen gilt tatsächlich: Nachdem wieder mehr Menschen im öffentlichen Verkehrsraum unterwegs sind, nehmen sie auch unweigerlich Einfluss auf die Verkehrsunfallentwicklung. Wir verzeichneten sowohl im Stadtgebiet als auch auf den ostwestfälischen Autobahnabschnitten mehr Verkehrsunfälle mit Personenschaden und mehr Verunglückte – bei Leichtverletzten sowie bei Schwerverletzten. Im Stadtgebiet stieg die Anzahl der Verkehrsunfälle – anders als auf den Autobahnen – insgesamt an.

Im Einzelnen zu den Entwicklungen im Stadtgebiet jetzt in Zahlen:

Im Stadtgebiet ereigneten sich insgesamt 9.001 Verkehrsunfälle, das sind 16,3% mehr als im Vorjahr. Es ereigneten sich 15,9% mehr Verkehrsunfälle mit Personenschaden, und 15% mehr Menschen verunglückten. Hierbei ist zu beachten, dass wir im Jahr 2021 Tiefststände verzeichnen konnten, in 2022 befinden sich diese Zahlen nun wieder auf Vor-Corona-Niveau.

Die Unfallbelastung aller Zielgruppen wird ins Verhältnis gesetzt zu der  Einwohnerzahl, um sogenannte Verunglücktenhäufigkeitszahlen zu berechnen. Die VHZ für Bielefeld liegt 2022 unter dem Landesschnitt. Wir haben drei bei Verkehrsunfällen getötete Personen zu beklagen, das sind zwei weniger als im Vorjahr. Hierunter sind keine Kinder und Jugendlichen.

Deutlich angestiegen ist die Anzahl der verunglückten Zufußgehenden. Sie erhöhte sich um 54,4% von 103 auf 159. Die Steigerung zeigt sich in allen Zielgruppen, bei Kindern mit einem Plus von 62,5% und Jungen Erwachsenen sogar mit einem Plus von 166,7% besonders deutlich. Auch hier sind wir wieder auf einem Vor-Corona-Niveau angekommen. Korrespondierend zu den gestiegenen Verunglücktenzahlen bei Zufußgehenden nahm die Unfallursache „Falsches Verhalten gegenüber Zufußgehenden" von 42 auf 72 Fälle deutlich zu.
Die schwachen Verkehrsteilnehmenden sensibilisieren wir regelmäßig für eine bessere Sichtbarkeit im Straßenverkehr. Denn mit dunkler Kleidung sind Personen erst aus etwa 25 Metern für Autofahrer sichtbar. Der Anhalteweg eines Autos bei 50 km/h beträgt jedoch circa 28 Meter, so dass das Auto im Ernstfall also nicht rechtzeitig zum Stehen kommt. Eine hell gekleidete Person ist aus einer Entfernung von etwa 40 Metern erkennbar. Eine Person mit Reflektoren wird sogar schon aus circa 150 Metern Entfernung gesehen. Autofahrer können rechtzeitig anhalten - es bleibt ein lebensrettender Sicherheitsabstand.

Die Anzahl verunglückter Radfahrender stieg im Vergleich zum Vorjahr um 12,9%. 59 von 394 verunglückten Radfahrenden waren im Seniorenalter, im Jahr davor waren es 41 von 349. Der Anteil der Seniorinnen und Senioren stieg also von 11,74% auf nun 14,97%.

Wenn ich eingangs gesagt hatte, dass wir weitgehend keine neuen Höchststände zu verzeichnen haben, so gilt das nicht für die Zweiräder, die noch vergleichsweise neu im Stadtbild und in unserer Statistik sind.

Hierzu zählen zum einen die Pedelecs. Seit ihrer Aufnahme in die Unfallauswertung 2014 stieg die Anzahl Verunglückter jedes Jahr im zweistelligen Bereich an. So ist es auch dieses Mal. Im Jahr 2022 verunglückten im Bielefelder Stadtgebiet 110 Pedelec Fahrende, das sind 27,9% mehr als im Vorjahr.

Das Pedelecfahren erfreut sich insbesondere bei Seniorinnen und Senioren wachsender Beliebtheit. Korrespondierend zu steigenden Nutzerzahlen nehmen auch die Verkehrsunfall- und Verunglücktenzahlen zu. 31 von 110 verunglückten Pedelec Fahrenden waren Seniorinnen und Senioren, im Vorjahr waren es noch 10 von 86, das ist eine Steigerung von 210%.
Um dieser negativen Entwicklung entgegenzutreten, haben wir unter anderem am 18.08.2022 ein kostenloses Pedelec-Training für Senioren auf dem Verkehrsübungsplatz der Verkehrswacht in Sennestadt durchgeführt. Auch in diesem Jahr werden wir in Kooperation mit dem ADFC, der Verkehrswacht e.V. und der Volkshochschule Bielefeld von März bis Juni einmal monatlich ein praxisgerechtes sowie kostenfreies Pedelec-Training für Seniorinnen und Senioren veranstalten.

Noch neuer als die Pedelecs sind die E-Scooter. Zu Verkehrsunfällen mit E-Scootern führen wir eine Statistik seit 2020 und beobachten deutliche Anstiege von Jahr zu Jahr. Obwohl der Bestand der E-Scooter verhältnismäßig gering ist, hat ihre Beteiligung an Verkehrsunfällen auch im vergangenen Jahr signifikant zugenommen. 2021 verzeichneten wir 40 Verkehrsunfälle, davon 33 mit Personenschaden und 36 Verunglückten. In 2022 waren es schon 72 Verkehrsunfälle, davon 62 mit Personenschaden und 65 Verunglückten. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Anzahl aller Verunglückten bei Unfällen unter Beteiligung von E-Scootern damit um 80,6%. Die Anzahl verunglückter E-Scooter Fahrender stieg von 29 auf 51, das ist ein Plus von 75,9%.
Die Anzahl der Jungen Erwachsenen und der Erwachsenen, die mit einem E-Scooter verunglückt sind, hat sich jeweils mehr als verdoppelt. Die Unfallursachenanalyse zeigt auf, dass die meisten Verkehrsunfälle von E-Scooter Fahrenden unter Einfluss von Alkohol oder anderer berauschender Mittel verursacht wurden. Alkohol-/Drogen-Einfluss ist hier die Hauptunfallursache Nummer eins. 

Diese Zahlen müssen wir als Auftrag nehmen, um präventive Maßnahmen – zusammen mit der Stadt und den Schulen – zu entwickeln.

Ähnlich neu wie Pedelecs und E-Scooter ist auch eine Strafbarkeit im Bereich der Straßenverkehrsdelikte. Ich meine die verbotenen Kfz-Rennen. Diesen Tatbestand gibt es erst seit Oktober 2017. Im vergangenen Jahr leiteten wir insgesamt 38 Strafverfahren wegen verbotener Kfz-Rennen ein. Bei 14 Rennen ereigneten sich Verkehrsunfälle, von denen 12 als so genannte „Alleinrennen" eingestuft wurden. Das sind Höchststände in den vergangenen 5 Jahren. Zu Tode gekommen ist bei den Unfällen glücklicherweise niemand.
Verbotene Kraftfahrzeugrennen sind für alle Menschen gefährlich - für die Teilnehmenden, als auch für unbeteiligte Verkehrsteilnehmende. Raserinnen und Raser handeln verantwortungslos.
Der öffentliche Verkehrsraum und seine Straßen sind keine Rennstrecken und keine Schauplätze für ein Kräftemessen oder zur Selbstinszenierung. Diejenigen, die an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen teilnehmen, sind Straftäter.

Wir setzen in der Verkehrsunfallbekämpfung unter anderem auch einen Schwerpunkt auf Fahrten unter Alkohol- und/oder Drogeneinfluss, da diese zu den Hauptunfallursachen (HUU) zählen. Im Stadtgebiet Bielefeld ereigneten sich im zurückliegenden Jahr 51 Personenschadensunfälle, bei denen Alkoholeinfluss unfallursächlich war, und zwei Personenschadensunfälle aufgrund von Drogeneinfluss. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies bei der HUU Alkohol eine Steigerung (+8) und bei Drogen einen Rückgang (-8). 
Bei Verkehrsunfällen mit Personenschaden sind Alkohol und Drogen die fünfthäufigste Unfallursache nach Abbiegen/Wenden, Vorfahrt/Vorrang, Abstand und falschem Verhalten ggü. Fußgängern. Wir haben im Jahr 2022 bei Verkehrsüberwachungsmaßnahmen 438 Alkohol- und 251 Drogenverstöße festgestellt und zur Anzeige gebracht.

Zu den Entwicklungen auf den Autobahnen:

Auf den Autobahnen in unserem Zuständigkeitsbereich ereigneten sich mit insgesamt 2.269 Verkehrsunfällen 184 weniger als im Vorjahr. Dies liegt – wie zu Beginn schon gesagt – an der gesunkenen Anzahl der Sachschadensunfälle. Die Anzahl der Verunglückten stieg allerdings von 385 auf 405. Bei den Verkehrsunfällen mit Personenschaden dominierte weiterhin die Hauptunfallursache „Geschwindigkeit".

In sieben Fällen wurden Strafanzeigen wegen verbotener Kfz-Rennen erstattet. Dies ist im fünf-Jahresvergleich übrigens kein neuer Höchststand, sondern hält sich etwa im Rahmen dessen, was wir auch in den Corona-Jahren beobachtet haben. Hier waren es 9 Fälle 2020 und 8 im Jahr 2021.

Im Jahr 2022 haben wir unsere Maßnahmen gegen zu schnelles Fahren nochmals intensiviert. Im Jahr 2021 wurden auf den Autobahnen 44.092 Geschwindigkeitsverstöße festgestellt und sanktioniert, 2022 waren es 46.837.

Sechs Menschen wurden bei Verkehrsunfällen auf Autobahnen getötet, zwei weniger als im Vorjahr. Dabei blieb die Anzahl der Verkehrsunfälle unverändert bei 6.

Besonderes Gefahrenpotential auf der Autobahn bergen die sogenannten Stauendunfälle. Wenn ein Fahrzeug auf stehende Autos mit hoher Geschwindigkeit auffährt, treten oft schwerste Folgen ein. Besonders wichtig ist deshalb, frühzeitig auf Verkehrsbehinderungen hinzuweisen. Wir beobachten die Anzahl der Stauendunfälle mit tödlichen oder schweren Verletzungen deshalb gesondert. Die Anzahl dieser Fälle ist im vergangenen Jahr von 10 auf 9 gesunken. In den letzten 5 Jahren schwankte die Anzahl der Stauendunfälle mit besonders schweren Folgen zwischen 6 und 15 pro Jahr.

Einer der eben genannten tödlichen Unfälle war ein sogenannter Stauendunfall, bei dem ein LKW-Fahrender auf einen Fahrzeugrückstau auffuhr und dabei selbst zu Tode kam.  

LKW-Fahrende waren im Verhältnis zu ihrem Anteil am Gesamtverkehrsaufkommen auf Autobahnen nach wie vor häufig an Verkehrsunfällen mit Verunglückten beteiligt. Der Anteil stieg von 33,9% auf 42,4%. Es wurden auch mehr Verkehrsunfälle mit Personenschaden von LKW-Fahrenden verursacht. Hier stieg der Anteil von 17,7% auf 24,8%.

Fazit und Ausblick

Die Sicherheit der Menschen im Straßenverkehr hat für uns höchste Priorität.
Daher schreiten wir weiterhin konsequent und unter Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten dagegen ein, dass sich Menschen im Straßenverkehr rücksichtslos verhalten oder den Verkehrsraum für ihre Zwecke missbrauchen.
Das gilt für jegliches regelwidriges Verhalten, egal ob innerhalb geschlossener Ortschaften, auf Landstraßen oder auf Bundesautobahnen. 

Unsere Verkehrsunfallbekämpfung setzt neben der Mitwirkung an der Verkehrsraumgestaltung auf eine Kombination aus Prävention, Repression und Öffentlichkeitsarbeit; und zwar als direktionsübergreifende Aufgabe aller Angehörigen der Polizei Bielefeld.

Es gilt, die Verkehrsmoral zu steigern und ein rücksichtsvolles Verhalten aller Verkehrsteilnehmenden zu fördern. Es bedarf aber auch eines gleichbleibend hohen Kontrolldrucks durch Maßnahmen der Verkehrsüberwachung. Nur wenn das Entdeckungsrisiko erhöht wird und alle Verkehrsteilnehmenden jederzeit damit rechnen müssen, dass Verkehrsverstöße und rücksichtsloses Fehlverhalten im Straßenverkehr entdeckt und konsequent geahndet werden, fördert dies nachhaltig ein regelkonformes Verhalten im Straßenverkehr.

VU-Team

Erlauben Sie mir zuletzt einen kurzen Rückblick auf eine Einheit im Bereich Verkehr, die im vergangenen Jahr neu gestartet ist und von Beginn an wirklich viel beachtete, wertvolle Arbeit geleistet hat – das Verkehrsunfallaufnahmeteam, kurz VU-Team. Es besteht aus insgesamt 10 Polizeibeamten und 3 Regierungsbeschäftigten mit passender Fachexpertise – zwei Kfz-Meister und ein Ingenieur. Sie sind mit spezieller Technik ausgestattet und rücken im Einsatzfall von der Dienststelle an der Ahmser Straße in Herford aus, um landesweit Verkehrsunfälle mit tödlich und künftig auch mit lebensgefährlich verletzten Personen aufzunehmen. Im vergangenen Jahr waren das 103 Einsätze – in OWL, in den Kreisen Warendorf, Soest, Steinfurt und im Hochsauerlandkreis. Sie sorgen dafür, dass schnell und mit dem erforderlichen Fachwissen die Unfallspuren gesichert werden. Daneben war das VU-Team in weiteren 52 Fällen eingesetzt, um digitale Fahrzeugspuren, etwa nach verbotenen Kfz-Rennen, zu sichern. Das VU-Team sorgt so mit dafür, dass Unfall- und Tatrekonstruktionen möglichst genau durchgeführt werden – eine Neuerung, die sich in der kurzen Zeit schon bewährt hat."

In dringenden Fällen: Polizeinotruf 110